Mein Sohn Marjan, 12, und ich haben beschlossen, in den Osterferien wenigstens noch einen 2-tägigen Aus-FLUG zu machen nachdem das Wetter im Süden Deutschlands praktisch die ganze erste Woche der Ferien unfliegbar war. Wir haben uns für Nancy, Frankreich, entschieden: Nancy ist nicht allzu weit weg (ca. 1:40 h), und die Infrastruktur scheint gut zu sein: Flughafen mit IFR-Anflug, Avgas, und der Flugplatz liegt in Stadtnähe. Die historische Altstadt von Nancy scheint interessant zu sein, auch ein erster Blick per Google Earth scheint das zu bestätigen. Und auch das Wetter wird passen. So wie es aussieht wäre der Flug wohl problemlos VFR durchführbar – aber ich will ja IFR-Fliegen üben. Also mit “Z”-Flugplan ab EDML.
Planung
Den Flughafen habe ich über die afis.nancy@orange.fr angemailt und nach 30 Minuten eine sehr nette Antwort bekommen.
LFSN, Öffnungszeiten:
Unter der Woche: 0900LT bis 1900LT
Samstag: 0900LT bis 1200LT und 1400LT bis 1900LT
AVGAS ist verfügbar.
Mit Rocketroute haben wir per “Autoroute” folgende Route bekommen:.
Am Abend vor unserem Flug habe ich mir die Wettervorhersage nochmal angesehen. Morgen wird es keinerlei Probleme geben, blauer Himmel auf der ganzen Strecke, und für Samstag ist zwar eine Front prognostiziert, die aus Westen in Richtung Deutschland zieht, aber sehr gravierend sieht das nicht aus, und ein IFR-Flug dürfte keine Probleme machen.
Hier der “Gramet” von heute Nachmittag (http://www.ogimet.com)
Wer “Gramet” noch nicht kennt, sollte das ausprobieren. Es bietet im Wesentlichen, was auch die “Cross Sections” in PCmet ausmacht – eine Vorstellung der vertikalen Schichtung der Wolken auf der Strecke. Die Angaben über die Tops sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, verlassen darf man sich endgültig nie auf diese. Tendenziell liegt Gramet aber meistens richtig. Man kann die prinzipielle Schichtung der Wolken erkennen, in welcher Höhe die 0-Grad-Grenze liegt und wie sich das Wetter über den Flugverlauf entwickeln wird. Für den Donnerstag sagen alle Flugwettersysteme blauen Himmel voraus, aber man sieht schon, dass es am Samstag anders sein wird wenn wir wieder zurück wollen.
Gut ist auch etwa die Seite www.meteoblue.com mit ihren Meteogrammen. Das Meteogramm zeigt schön, wie am Samstag die Front mit Regen nach Lothringen kommt. Die gute Nachricht: Die Wolken werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht am Boden aufliegen und in Nancy Essey kann ich IFR abfliegen. Starten wir 14.00 Uhr LT, so könnten wir mit etwas Glück auf maximal BKN-Bewölkung treffen und in FL100 in top sein. We will see!
Tatsächlich ist das Wetter am Tag des Fluges perfekt. Praktisch keine Wolke bis Nancy. Wir fliegen auf der geplanten Route (oben) in FL90. Kurz nachdem wir den Rhein überquert haben, wir sind auf der Frequenz von Straßburg, erinnern wir den Controller höflich an die avisierte Sinkflugfreigabe, da das VNAV-Feature von GPS 2 zu diesem Zeitpunkt schon 650 ft/berechnet, um rechtzeitig auf die 3000 ft für den ILS-Anflug kommen wollen.
Mit einem Track von 260 Grad nähern wir uns im Sinkflug “NE”, dem Initial Approach Fix für die Runway 03. Aus dieser Position müssten wir für das ILS ein Parallel Entry über “NE” fliegen, eine Minute parallel zum Localizer outbound und dann in einer Linkskurve zurück auf den Localizer bis wir “established” wären. Bei schlechtem Wetter wäre das das korrekte Verfahren, um auf das ILS zu kommen. Man muss übrigens nur das Entry fliegen, kein ganzes Holding, es dient an dieser Stelle lediglich dem Alignment, um aus jeder Position auf das ILS zu kommen. Wären wir aus Süden oder Südwesten gekommen wäre es ein einfaches “Direct Entry” gewesen, aus Nordwesten wären wir per Teardrop Entry eingeflogen.
Der Controller von “Lorraine Approach”, wohin wir für den Anflug gewechselt sind, bietet uns einen Sichtanflug an, den ich gern akzeptiere. Also direkt in den Endanflug. Da ich etwas zu schnell bin und aus einer ungünstigen Position komme, überschiesse ich trotz steiler Kurve die Anflug-Grundlinie wenig. Zurück auf dem Localizer schalte ich den Autopiloten noch mal ein, einfach um zu sehen wie dieser den Anflug meistert. Zwei Minuten später sind wir am Boden.
Nancy-Essay, Service
Im Terminal dann die angenehme Überraschung, die aber schon von anderen Piloten angekündigt war. Ein sehr entspannter Service, € 11 Landegebühr (an einem Airport mit 2 IFR Approaches!), und keine Parkgebühren, egal wie lange man bleibt. Tanken kann man mit Total Card – oder jeder Kreditkarte (wenn der Tankwart anwesend ist), AVGAS und JET A1. Sollte das Büro nicht besetzt sein, kommt man per Eingabe der Platzfrequenz in ein Keypad (119.6) ins Terminal und aufs Vorfeld. Fast wie in Amerika … . Für mich sind die entspannte Atmosphäre und die niedrigen Kosten ein Grund sicher wieder zu kommen. Die Dame von der Kasse rief uns auch noch ein Taxi – € 8, 50 bis zum Novotel inklusive Anfahrt.
Rückflug
Am Samstag, dem Tag unseres Rückflugs ist das Wetter sehr nah an der Prognose. Ab 1100 Fuß über dem Boden mehrere Wolkenlayer aus denen es leicht regnet. Am Boden ist es relativ warm, 14 Grad. Die Nullgradgrenze liegt etwa in FL060 – und wenn ich die Wettermeldungen richtig interpretiere könnten wir in FL060 auch außerhalb der Wolken sein, jedenfalls mit etwas Glück.
Die Clearance beim Start, die ich an dem unkontrollierten Platz ohne Radar von AFIS bekomme lautet “nach dem Start “DIRECT GTQ”, das ist ein VOR auf dem Weg zu unserem ersten Streckenpunkt (Saarbrücken NDB, SR). AFIS gibt uns eine Höhe von FL110, als ich mir aber FL060 wünsche, um in den Wolken unterhalb der 0-Grad-Grenze zu bleiben, kommt sofort die Freigabe.
Zwei Minuten nach dem Take-off fliegen wir in die Wolken ein, aber in FL060 sind wir auch schon wieder VMC. Die Controllerin von Straßburg will mich wieder auf FL110 schicken (die ich in meinem Tage vorher aufgegeben Flugplan eingetragen hatte), aber ich bitte darum, in FL060 bleiben zu dürfen. Sie fragt sogar nach: “Golf Romeo Charlie, what is the reason you want to maintain flight level 60″?. Meine Antwort: “to maintain VMC”. Warum soll ich in IMC fliegen wenn ich das nicht muss? Kein Problem.
Etwas später steigen die Tops des überflogenen Layers etwas an und ich fliege trotzdem wieder in IMC. “Request Flight Level 070”. Zwei Minuten später sind wir wieder VMC. Später steige ich dann noch einmal auf FL080, aber das reicht dann auch nicht, und weil die Tops zu hoch sind bleibe ich in dieser Höhe. wir fliegen wieder 20 Minuten in IMC. Es hat zwischen 0 und -1 Grad, und in manchen dichteren Wolken setzen die Vorderkanten der Flächen einen Hauch von Eis an. So wenig, dass ich das TKS aus lasse, nur die Pitot-Heat ist immer an.
Zwischen Stuttgart und München sind wir dann wieder in VMC, und als wir in Landshut ankommen scheint sogar die Sonne. Unterhalb des Luftraums C von München cancele ich in 3800 Fuß IFR, fünf Minuten später sind wir gelandet. Flugzeit 1:27, durchschnittliche Groundspeed 171 Knoten, 84 Liter Sprit verbraucht. Einen Vorteil hatte der Flug in IMC: Der Flieger ist blitzblank!
Aufenthalt in Nancy, Highlights und Tipps
Über www.booking.com habe ich eines der wenigen noch freien Zimmer gefunden: “Suite Novotel Nancy Centre“. Das Hotel macht auf den Fotos eine sehr guten Eindruck, liegt strategisch günstig zwischen Airport und Stadtzentrum – und es ist wohl nur ein kurzer Spaziergang in die Stadtmitte. Das Doppelzimmer kostet € 120 pro Nacht. Für einen ganz ähnlichen Preis (es ist etwas teurer) kann man auch im Grand Hotel an der Place Stanislas übernachten – leider war kein Zimmer mehr frei. Aber das Novotel ist auch optimal gelegen, es ist nur ein 10-minütiger Spaziergang ins Zentrum.
Die meisten Besucher orientieren sich beim Erkunden der Stadt wohl an der spektakulären Place Stanislas. In Fußreichweite darum herum befinden sich die Altstadt, die Kathedrale, einige gute Shopping-Straßen, die Markthallen und der schöne Stadtpark. Besonders gefallen hat uns das Kunstmuseum “Museé des beaux-arts de Nancy” mit seiner eindrucksvollen Gemäldesammlung. Vor allem der naturalistische Maler Emile Friant, ein Sohn der Stadt, hat es mir hier angetan.
Die Altstadt ist nicht wirklich spektakulär, zeichnet sich aber durch eine sehr entspannte, unaufdringliche Atmosphäre aus. Es gibt nette kleine Cafés und eine bunte Mischung aus kleinen Design- und Modeläden, Bäckereien und Restaurants. Sehenswert ist die Kathedrale von Nancy, wenige Meter südöstlich der Place Stanislas.
Ein paar Bilder:
Letztes Update: 14.4./10:45