Sie haben eine ältere Cirrus der Version G1 oder G2, die mit GNS430-NavComs ohne “WAAS” ausgestattet ist, würden aber gern die Vorteile von WAAS nutzen können? Was muss man in diesem Zusammenhang wissen?
Grundsätzliches
WAAS (Wide Area Augmentation System) wurde eingeführt, um GPS noch präziser und damit noch besser für IFR-Anflüge geeignet zum machen. Seit Oktober 2009 gibt es mit EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service) ein europäisches Pendant zu WAAS, das vollständig kompatibel zu WAAS ist.
Aus Wikipedia:
Wide Area Augmentation System (WAAS) ist ein Teil des Erweiterungssystems (Satellite Based Augmentation System, SBAS) zur Verbesserung des bestehenden US-amerikanischen GPS. WAAS-Signale werden durch einzelne Zusatzsatelliten auf den gleichen Frequenzen wie GPS gesendet und dienen der Verbreitung von Korrekturdaten für die durch die Signalausbreitung in der Ionosphäre verzerrten GPS-Signale.
WAAS wird derzeit von zwei bis vier geostationären Satelliten über dem Gebiet der USA ausgesendet und ist für alle anderen Erdregionen nicht erreichbar. In Europa und Japan treten mit EGNOS und MSAS kompatible Systeme an die Stelle von WAAS
Hier der komplette Artikel in der deutschen Wikipedia.
Präzision und höchste Verfügbarkeit durch WAAS und EGNOS
Während GPS-Empfänger ohne WAAS/EGNOS eine Genauigkeit von 5-15 Metern schaffen, wird die Präzision durch WAAS auf 0, 3-1 Meter erhöht. Die Spezifikation von WAAS schreibt vor, dass die Genauigkeit von Position und Höhe in 95 Prozent der Fälle besser als 25 Fuß (7, 6 Meter) sein muss. Messungen haben aber gezeigt, dass das System typischerweise mit einer Präzision von 1 m lateral und 1, 5 m vertikal arbeitet – was es für CAT-1-Anflüge geeignet macht.
Zusätzlich zur genaueren Positions- und Höhenbestimmung ist die Integrität und Zuverlässigkeit von WAAS/EGNOS sehr viel höher als bei reinen GPS-Systemen. Laut Spezifikation müssen Fehler im GPS- oder WAAS/EGNOS-Netzwerk innerhalb von 6, 2 Sekunden an den Benutzer übermittelt werden, die Verfügbarkeit muss 99, 999 Prozent betragen. Das bedeutet, dass das System nicht länger als 5 Minuten pro Jahr down sein darf.
Der Nutzen für Piloten
Neben der höheren Präzisision und Zuverlässigkeit (die aber auch bei “normalen” IFR-GPS-Systemen für praktisch alle Belange hoch genug ist) kann man mit WAAS-Navigatoren nicht nur GPS-Anflüge des Typs LNAV (mit auschließlich lateraler Führung) fliegen sondern auch solche der Typen
- LNAV+V (non-precisison Approach, laterale Führung mit “Advisory Glide Path”)
- LNAV/VNAV (laterale und vertikale Führung)
- LPV* (Präzisionsanflug mit vertikaler Führung)
*Sollen LPV-Anflüge geflogen werden ist eine Zertifizierung notwendig. Avionik Straubing etwa hat zu diesem Zweck ein eigenes STC entwickelt.
Außerdem ist es mit WAAS-Navigatoren möglich, Holding Entries, Holdings und Procedure Turns von Anflugverfahren mit dem Autopiloten fliegen.
Wie rüste ich meine Cirrus aus WAAS auf?
Bevor man daran denkt, sich WAAS-Navigatoren in seinen ältere Cirrus SR20/22 einzubauen, muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen gegeben sind. Man kann natürlich auch “Six Pack”-Versionen (ohne Glascockpit) auf WAAS umrüsten. Ist bereits das Avidyne-Glascockpit des Typs Entegra installiert muss es als Voraussetzung für WAAS mindestens mit der Software-Version 7.0 laufen. Muss Version 7 nachgerüstet werden kostet dies $ 3.895 zzgl. Mwst. und Fracht. Es muss aber nur das Primary Flight Display (PFD) eingeschickt werden, das MFD kann in Europa von einem Avidyne-Händler upgedated werden.
Wenn man – in einer Avidyne-Cirrus – noch keinen digitalen Autopiloten, sollte man zusätzlich auf jeden Fall an die Nachrüstung des digitalen DFC90-Autopiloten von Avidyne denken. Den Aufwand der WAAS-Aufrüstung zu betreiben, um anschließend mit dem sehr viel weniger präzisen S-TEC55X (Standard-Autopilot in vielen SR20/22) zu fliegen, macht meines Erachtens wenig Sinn. Nur mit dem DFC90 können die WAAS-GPS Ihre volle Präzision zur Geltung bringen. Im Preis des DFC90 sind das nötige Software-Upgrade des PFD auf Version 8.x und die Hardware-Modifikation (“Mod 55”) für den Betrieb des DFC90 enthalten.
Avidyne bot einige Zeit für ältere Glascockpit-Cirrus auch ein Paket an, das “Panel Makeover” hieß und im Gesamtpreis von $ 15.000 (zzgl. Steuern, Einbau, Fracht) folgendes beinhaltete:
- Überholtes PFD und MFD, mit neuesten HW- und SW-Upgrades. Die leicht verkratzbaren Displays aus Acryl werden gegen hochwertige Glasscheiben ersetzt, die Rahmen und Knöpfe der Displays überholt
- DFC90-Autopilot
- Zwei Jahre Garantie
Ob das Paket noch verfügbar ist, können Sie nur direkt über Avidyne klären. Weitere Infos zum Panel Makeover gibt es hier.
Stimmen die Voraussetzungen, sind das die alternativen Möglichkeiten, seine Cirrus auf WAAS aufzurüsten:
Variante 1: die vorhandenen GNS430 (non-WAAS) bei Garmin auf WAAS aufrüsten zu lassen. Das kostet, z.B. bei Avionik Straubing:
- $ 3.395, 00 pro Gerät zzgl. Mwst., etwa € 3.740, 00 (Kurs 23.3.15), zusammen € 6.940, 00
- ca. € 200 Fracht
- 1 WAAS-Antenne des Typs Garmin GA-35 à € 325, 00 für NAV 1
- 1 kombinierte COM/GPS/WAAS-Antenne des Typs CI-2580-200 für NAV 2, € 1300*
- etwa 24 Stunden à € 75, 00 für den Einbau Antennen, € 1800
- € 750 das STC inkl. LPV-Zertifizierung (STC für Dual-Installation)
Gesamtpreis: ca. € 13.500, 00
*Abhängig von der Seriennummer können auch zwei GA-35-Antennen verwendet werden. Die zweite Antenne wird dann weiter hinten kurz vor dem Heckfenster montiert, was aber nur bei Maschinen möglich ist bei denen das “EMM Shielding” (s.o.) auch in diesem Bereich noch vorhanden ist.
Variante 2: zwei gebrauchte WAAS-Geräte kaufen, die non-WAAS-Navigatoren verkaufen
- Durchschnittlicher Marktpreis für zwei gute 430W: € 13.000, 00
- WAAS-Antennen: € 1625 (1 x GA-35, 1 x CI2580-200)
- Einbau: € 2000
- € 750 das STC inkl. LPV-Zertifizierung (STC für Dual-Installation)
Gesamtpreis: ca. € 17.375, 00
abzüglich durchschnittlicher Erlös für 2 gute gebrauchte GNS430, € 8.000
Effektive Kosten: ca. € 9.375, 00
Variante 3: zwei der neuen Avidyne IFD440 oder Garmin GTN650 mit Touchscreen einbauen, alte Geräte verkaufen
- / Zwei IFD440: ca. € 26.000, zwei Garmin GTN650: € 19.000, 00 inkl. Mwst
- WAAS Antennenc(im Kit enthalten, EMM-Problematik muss gekläört werden!)
- Einbau der Antennen: € 1800
- € 750 das STC inkl. LPV-Zertifizierung (STC für Dual-Installation)
Gesamtpreis: abhängig vom Aufwand und möglicher Antennenlösung
Weitere Möglichkeiten:
- Denkbar ist auch die Spar-Variante, bei der man nur ein GNS430 auf WAAS aufrüstet bzw. gegen ein WAAS-Gerät austauscht. Das funktioniert technisch, und man spart sich auch die Anschaffung der zweiten WAAS-Antenne. Die Nachteile: Die Crossfill-Funktion (automatische Übertragung des Flugplans auf das zweiten Gerät) fällt weg, man benötigt zwei Jeppesen-Abos (WAAS und non-WAAS), und die Datenkarten (4 MB bzw. 16 MB) sind auch nicht kompatibel.
- Man ersetzt nur ein GNS430 durch einen WAAS-Touchscreen-Navigator des Typs GTN650 oder Avidyne IFD440 , bezahlt aber mit denselben Nachteilen wie bei Alternative 1
- Die exklusivste, aber sehr teuere Variante ist der Einbau eines großen Avidyne IFD540 und eines IFD440, bzw. Garmin GTN750/GTN650. In diesem Fall benötigt man noch einen Remote-Transponder und ein Remote-Audio-Panel, die beide als “Black Boxes” versteckt eingebaut werden. In USA wurden mehrere SR22 auf diese Weise (“Dream Panel”) modifiziert. Man könnte sich auch fragen, ob das GTN750 viel Sinn macht wenn man ohnehin ein MFD hat. Ich persönlich halte diese Variante für zu teuer, vor allem als Aufrüstung eines Avidyne Entegra-Glascockpits (das auch nach dieser Rieseninvestition nur mit einem AHRS fliegt).
Es gibt noch einen – allerdings sehr exklusiven – Weg zu WAAS in der Cirrus: den Komplett-Umbau auf Avidynes “R9”-System. R9, das sich leider nie gegen Garmins G1000-Variante “Perspective” durchsetzen konnte (vor allem da es nie als Serienausstattung angeboten wurde), ist ein vollständig integriertes System und beinhaltet nicht nur zwei WAAS-Empfänger sondern auch zwei redundante AHRS-Systeme. Die R9-Variante für die Cirrus beinhaltet im Komplettpaket (ab $ 69.000 zzgl. Steuern) Synthetic Vision und einen Satellitenwetter-Empfänger.
R9 ist nach Ansicht vieler Cirrus-Piloten das beste Glascockpit für die Cirrus, mittlerweile gibt es dafür sogar Sythetic Vision (für Entegra nicht nachrüstbar). Nachteil ist, dass auch R9 langsam in die Jahre kommt und die Unterstützung von Avidyne in der Zukunft ungewiss ist.
Umbau der Antennen
Ein Punkt, der beim Umbau auf WAAS-Navigation gern übersehen wird, sind die Antennen. Nicht nur müssen die beiden Antennen der GNS430 gegen WAAS-Antennen getauscht werden, für den Einbau gelten auch andere Regeln. Laut Cirrus ist es für WAAS-Antennen nicht akzeptabel, diese wie die non-WAAS-Version mit Klettband unter dem Dashboard zu befestigen. Wenn der Umbau bei einer Cirrus-Generalvertretung durchgeführt wird so werden beide Antennen außen am Rumpf befestigt – eine ganz vorne vor der Traffic-Antenne, eine weiter hinten, etwa vor dem Heckfenster.
Nun ist es so, dass die Antennen laut Cirrus eine Verbindung zu dem in die Zelle eingearbeiteten (“EMM Shielding”) Blitzschutzgeflecht aus Metall haben müssen. Dieses ist zwar im vorderen Bereich der Zelle im “Gelcoat” eingearbeitet, so dass dies einfach zu bewerkstelligen ist. Weiter hinten am Rumpf aber gibt es bei den älteren Versionen keine EMM-Matten, so dass das Gelcoat weit abgeschliffen werden und EMM-Matten eingelegt werden müssen. Das ist mit Composite- und Lackierarbeiten verbunden – und dementsprechend aufwendig. 40 Stunden Arbeit gibt Cirrus dafür an.
Eine Cirrus-Werksvertretung wird wahrscheinlich auf dieser Art von Installation bestehen da es hierfür ein Service Bulletin von Cirrus gibt. Eine andere Mögiichkeit hat mir Dave Fetherston erklärt, der engagierte Inhaber der Firma NEXAIR Avionics in Massachusetts. Dave instaliert bei WAAS-Umrüstungen die GPS-1-Antenne vor am Rumpf, wo dies einfach und ohne Lackierarbeiten zu bewerkstelligen ist. Die GPS-2-Antenne bleibt unter der Dashboard, wird aber solide mit einem eigens angefertigten Metallbügel fixiert – also nicht mit Klettband. Der Nachteil: In bestimmten Situationen (laut Avionik Straubing manchmal im Kurvenflug) kann es passieren, dass die NAV-2-Antenne unter dem Glaresehield Empfangsprobleme hat und das Signal aussetzt.
Das originale Service Bulletin von Cirrus zum Einbau des EMM-Shieldings für eine zweite WAAS-Antenne finden Sie hier:
SB2X-34-24R1
Die meiner Ansicht nach bessere Lösung ist diese: Eine der neuen GA-35-Antennen kommt vorne oben auf den Rumpf (also vor die Antenne des Traffic-Systems) und als zweite Antenne tauscht man die Sprechfunk (“COM”)-Antenne gegen eine kombinierte COM/GPS/WAAS-Antenne des Typs Comant CI-2580-200 aus, Diese sieht genauso aus wie die ursprüngliche COM-Antenne und ist auch von den Bohrungen her identisch. Die Antenne ist mit € 1300 zwar sehr teuer, man spart sich aber die Arbeiten an der Rumpfstruktur und das Lackieren.
Dann kann eventuell noch das Thema Kabel aufkommen. Manche der ursprünglich installierten Antennenkabel genügen den Anforderungen der WAAS-Antennen nicht, müssen also ausgetauscht werden. Waren die Antennen zuvor unter dem Glareshield montiert, sind sie ohnehin zu kurz für die neuen Antennen auf dem Dach.
Wenn die WAAS-Installation fertig ist, muss man noch an folgende Details denken:
- Das Jeppesen-Abo für die beiden GNS430 auf WAAS ändern lassen
- Eventuell noch vorhandene non-WAAS-Datenkarten aus dem GNS430 funktionieren mit dem 430W nicht. Außerdem benötigen die WAAS-Karten einen neuen USB-Reader des Typs Skybound.
- Ältere GNS430W bis zur Softwareversion 3.30 funktionieren nur mit Datenkarten mit silbernen Labels. Für die neueren Karten mir orangen Aufklebern muss die Geräte-Firmware erneuert werden (was aber für LPV-Approaches etc. ohnehin gemacht werden muss). Die Erneuerung der Firmware ist bei vielen Avionik-Firmen eine kostenfreie Serviceleistung.