Von Bertram Salzinger
Am 9. Juni 2016 startete ich mit meiner Cirrus SR22T-G5 von Reichelsheim (EDFB) zu einem IFR-Flug nach Hamburg (EDDH). Außer mir waren noch zwei Bekannte an Bord. Im Steigflug auf Flight Level 110 ging in FL90 plötzlich die gelbe Öldruck-Warnung an: “Low Oil Pressure”. Alle anderen Anzeigen – CHT, EGT – blieben im normalen Bereich.
Ich verringerte sofort die Steigrate, um evtl. durch höhere Geschwindigkeit die Kühlung zu verbessern, was aber keine Änderung brachte. Als nächstes rief ich ATC und verlangte eine Rückkehr zum Startflugplatz, der zu diesem Zeitpunkt etwa 20 NM entfernt war. Die Freigabe kam prompt. Während wir mit reduzierter Triebwerksleistung, der Gashebel stand fast auf Leerlauf, in Richtung Reichelsheim sanken, wechselte die Öldruckwarnung auf rot. Zehn Meilen vor dem Flugplatz, wir waren in 2200 Fuß, blieb der Motor dann stehen. Ich stellte den Triebwerkshebel auf idle, zog dem Mixer auf cut-off, schaltete die Zündung aus und setzte einen Notruf ab. Dann zog ich den roten Griff. Zwischen Motorstillstand und Aktivierung des Schirms vergingen maximal 2 -3 Sekunden.
Die Rakete verursachte einen laute Knall, der Schirm kam heraus und das Flugzeug stürzte erst mal mit der Nase voraus fast senkrecht vom Himmel. Von meinem Training im Simulator ein paar Wochen vorher im polnischen Poznan, wusste ich zwar, was mich nach der Aktivierung des Schirms erwartete, aber das echte Erlebnis ist schon noch eine Nummer intensiver und beeindruckender. Kurz darauf aber hing die Maschine waagrecht am Schirm und schwebte sanft abwärts. Man fühlt sich jetzt eher als Beobachter, hat keine Chance mehr einzugreifen und hofft nur, nicht das Gebäude links zu treffen, oder die Hochspannungsleitung rechts – oder in den See voraus zu fallen. Ich schloß noch den Treibstoffhahn, und dann warteten wir auch schon auf den Aufprall.
Der Schlag bei der Landung fiel ebenfalls härter aus als erwartet, aber wir landeten auf einen schönen Wiese mit ein paar Kühen. Das Flugzeug war stark beschädigt, der linke Tank hatte einen Riss, und der Sprit lief aus. Mein Passagier auf dem Rücksitz brach sich einen Wirbel an, was allerdings erst später im CT festgestellt wurde. Wir beide, die vorne saßen, kamen ohne Verletzungen davon. Auch alle Kühe blieben unverletzt – also keine Steaks!
Ich bin froh, dass ich kurz vorher am Cirrus-CPPP-Training in Pozan teilgenommen habe, wo wir auch exakt diesen Fall im Simulator trainierten: Verlust des Öldrucks, Triebwerksschaden – und die CAPS-Aktivierung. Vielleicht hätte ich auch ohne das Training so reagiert, aber so zweifelte ich keine Sekunde daran, dass ich das richtige tat. Wir hatten also Glück, das CAPS-System an Bord zu haben!
Weniger positiv ist es, wenn bei einem so neuwertigen Flugzeug mit weniger als 200 Gesamtflugstunden das Triebwerks ausfällt, nur eineinhalb Stunden nach der Jahresnachprüfung. Ich bin neugierig, was die Untersuchung durch den Sachverständigen ergibt. Im Zuge der Jahresnachprüfung war auch der Starter-Adapter gewechselt worden, ich bin gespannt, ob der Ölverlust damit zusammenhing. Nach der Landung waren nur noch zwei Quarts Öl im Motor, aber die gesamte Unterseite des Flugzeugs war ölverschmiert.
Update:
Mittlerweile hat mir Bertram Salzinger mitgeteilt, dass ein Gutachter eindeutig einen Wartungsfehler festgestellt hat. Bei der letzten Wartung der Maschine, eineinhalb Flugstunden vor dem Unfall, wurde eine SB durchgeführt, die die Ölleitung zwischen Turbolader und Ölkühler betrifft. Offenbar war diese Leitung nach der Wartung lose, woraufhin ein Großteil des Motoröls auslief, was schließlich zum Versagen des Triebwerks führte.