Winter Time. In Mitteleuropa ist das für Piloten nicht die beste Jahreszeit. Schon ab Oktober musste ich mehrere Flüge von meinem Flugplatz (EDML, Landshut) absagen. Wegen Nebel oder zu tiefen Wolken. Und der November war – obwohl überdurchschnittlich warm – an den allermeisten Tagen gar nicht fliegbar.
Noch war es nicht richtig kalt, aber trotz Global Warming wird es auch im Winter 14/15 wieder viele eisige Tage geben. Und während Flugzeuge an sich kalte Luft lieben – für Kolben-Flugmotoren ist der Kaltstart bei tiefen Minusgraden ein Horror. Das Problem ist nicht nur, dass die schwächlichen Batterien, manche Jahre alt und wochenlang nicht nachgeladen, mit quasi tiefgefrorenen Triebwerken und honigzähem Öl zu kämpfen haben.
Schlimmer ist der enorme Verschleiß, dem die unterkühlten Boxer ausgesetzt sind. Man kann im Winter Öl mit niedrigerer Viskosität verwenden, etwa W/D80 anstelle W/D100, oder sogar Mehrbereichsöl wie 15W50. Und man sollte – derzeitiger Stand der Erkenntnis – ein hochwertiges Additiv wie Camguard verwenden, das Korrosion im Triebwerk bei langen Standzeiten verhindert. Aber auch diese Maßnahmen allein reichen nicht. Viel besser ist es, die Triebwerke so vorzuwärmen, dass das Metall warm und und das Öl dünnflüssiger wird, so dass der Motor leicht anspringt und die Schmierung bereits in den ersten Sekunden des Anlassvorgangs gewährleistet ist.
Es gibt verschiedene Systeme, um Flugmotoren vorzuwärmen:
- Festinstallierte elektrische Heizungen, etwa von den Herstellern Tanis und Reiff. Diese Systeme wärmen entweder über elektrische “Pads” die Ölwanne an oder aber direkt die Zylinder. Das geschieht über beheizte Metallmanschetten an den Zylindern (Tanis) oder über Sonden in den Zylindern (Reiff). Manche Triebwerkshersteller warnen übrigens vor Ölwannen-Pads.
- Portable Heizgeräte, die von außen heiße Luft in den Motorraum blasen, die entweder durch Gasbrenner oder Elektro-Heizlüfter erzeugt wird. Es gibt auch Heizgeräte (in Alaska gesehen) die Avgas verbrennen, was für Buschpiloten natürlich praktisch sein kann.
Andere Methoden wie nächtelanges Laufenlassen der Motoren oder offene Feuer unter dem Flieger lassen wir mal außen vor, angeblich wird sowas in Sibirien heute noch gemacht. Gelesen habe ich auch von Piloten, die in solchen Gegenden das Öl nach dem Flug ablassen, mit in die warme Hütte nehmen, und morgens vor dem Start wieder einfüllen.
Eines der neueren portablen Systeme, die mit heißer Luft arbeiten sind die verschiedenen Varianten des “Alien” des US-Herstellers aerotherm. Von anderen ähnlichen Geräten unterscheiden sich die Aliens durch folgende Features:
- Die heiße Luft des Gebläses zirkuliert, sie wird auf einer Seite in den Motorraum geblasen und aus der anderen Kühlluft-Öffnung wieder in den Heizlüfter gesaugt – und weiter aufgewärmt. So wird gewährleistet, dass das gesamte Triebwerk einigermaßen gleichmäßig auf Temperatur gebracht wird.
- Das Heizgebläse hat ein Themostat, das für die richtige Temperatur der Heizluft bei verschiedenen Temperaturen sorgt
- Das Gerät ist klein und leicht und kann einfach im Gepäckraum des Flugzeugs transportiert werden (Das Topmodell kommt in einem Koffer)
- Zusätzlich gibt es die Möglichkeit den Heizer, etwa über ein Mobiltelefon, fernzusteuern (zusätzliche Komponenten notwendig)
Das Alien ist sehr leicht, läuft auch in der stärksten Version sehr leise (so leise, dass man es auf einem Flugplatz kaum hören kann wenn 200 Meter entfernt ein Triebwerk läuft) und scheint mechanisch von hoher Qualität. Vertrauenserweckend sind auch die drei Jahre Garantie, die aerotherm auf alle Versionen gibt.
Praxistest 1, 15.1.15, OAT 3, 5 ° C
Am 15. Januar 2015 machte ich einen etwas gründlicheren Praxistest. Leider war es an diesem Tag nicht so kalt wie ich es mir erhofft hatte. Aber bei 3, 5 Grad C Außentemperatur sollte das Vorwärmgerät bereits helfen, das Öl anzuwärmen und den Verschleiß beim Anlassen zu senken.
Mit einem Laser-Fernthermometer habe ich verschiedene Teil der Cowling gemessen bevor ich den Alien startete. In der Nacht zuvor muss es ziemlich kalt gewesen sein, denn trotz Plusgraden waren die Pfützen vor dem Hangar um 11 Uhr noch teilweise gefroren. Das Messgerät zeigte für alle durch die Öffnungen erreichbaren Motorteile und auch für die Außenseite der Cowling 3, 5 Grad C an.
Nach zehn Minuten Betrieb des Aliens war die Cowling rundherum bereits über 20 Grad warm, nach einer halben Stunde Vorwärmung zeigte das Thermometer für die Cowling zwischen 23 und 26 Grad an. Die durch die die Ölklappe erreichbaren Teile der Zylinder und des Motorblocks waren inzwischen 35 bis fast 40 Grad warm. Da ich alleine die Cowling nicht schnell abbauen konnte um präzisere Messungen anzustellen, verzichtete ich darauf, klemmte das Gebläse ab, zog die Maschine aus dem Hangar und startete sie. Da der Conti bei solchen Temperaturen auch ohne Vorwärmung problemlos anspringt, kann ich aus dem problemlosen Start nicht auf die Wirksamkeit des Gebläses schließen.
Vielleicht wird ein weiterer Test an einem Tag mit Minusgraden noch aufschlußreicher sein, dass der Motorblock aber, dort wo ich ihn erreichen konnte, über 30 Grad warm war, scheint mir zu belegen, dass der Vorwärmeffekt des Aliens gut ist.
Den Alien gibt es in verschiedenen Versionen, hier ein Link auf die Herstellerseite:
http://aerothermheaters.com/comparison
Der deutsche Händler von aerotherm:
Thomas Hauptmann Elektronik GmbH
THTEC aviation
Hauptstraße 35
86862 Lamerdingen
Tel. +49 (0) 82 48 / 9 69 55 – 22
Fax +49 (0) 82 48 / 9 69 55 – 13
mail: info@thtec-aviation.de
web: www.thtec-aviation.de
Dieser Artikel wird im Januar 2015 durch einen ersten Praxistest des Topmodells von aerotherm, dem “Alien X Turbo” ergänzt.