Nach der schrecklichen Midair-Kollision von Fredericksburg, Maryland, bei der im Oktober 2014 die drei Insassen eines R44-Helis ums Leben kamen nachdem dieser mit einer anfliegenden Cirrus SR22 zusammengestoßen war, habe ich mich mal etwas intensiver mit dem TAS-System meiner Cirrus SR22 auseinandergesetzt.
Die wichtigsten Erkenntnisse in Kürze:
- Die meisten älteren Cirrus-Maschinen der Versionen G1, G2 und auch noch G3 sind, sofern sie ein Traffic Advisory System (TAS) haben, mit dem “L3 TCR 497 Skywatch” ausgerüstet. Obwohl das Skywatch sehr zuverlässig arbeitet und so gut wie jedes Flugzeug mit Transponder anzeigt, das sich zum Konflikt entwickeln könnte, ist es manchmal leider “blind”. Da Skywatch nur mit einer Antenne oben auf dem Kabinendach arbeitet, die Transponderantennen aber bei den meisten Flugzeugen an der Unterseite der Flügel befestigt sind, gibt es Konstellationen aus Entfernung und Höhe bei denen Skywatch anfliegende Maschinen nicht sehen kann. Vor allem passiert dies bei relativ nahen “Zielen”, die etwas niedriger sind. In dem Gehäuse der “einen” Antenne sind übrigens zwei einzelne Antennen enthalten, anders wäre eine Berechnung des Winkels (“Azimuth”) gar nicht möglich.
- Was viele Piloten von Cirrus-Flugzeugen nicht wissen: Fährt man im Anflug auf einen Flugplatz die Flaps auch nur auf die erste Stufe aus, so wird – um den Piloten nicht durch zu viele Warnungen wie sie in der Nähe von Flugplätzen durchaus normal wären – nicht abzulenken, die Audio-Funktion des TAS deaktiviert. Dies betrifft die SR22-Seriennummern #1602, #1644 und ab #1663. Bei der SR20 wird entsprechend sein aber ich habe die Seriennummern nicht vorliegen. Dazu im Handbuch nachsehen! Das System warnt aber weiterhin optisch durch die blauen und gelben Symbole auf dem MFD aktiv, nur die akustische Warnung (“Traffic, Traffic”) wird abgestellt.
- In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass die Traffic-Symbole auf dem MFD nur auf dem Basis-Navigationskarte angezeigt werden. Schaltet man für den Anflug auf CMAX um, also auf die VFR- oder IFR-Anflugkarte, so werden die Traffic-Symbole auf dieser nicht dargestellt. Eine letzte Warnung bleibt aber, nämlich das bei einer gefährlichen Annäherung erscheinende kleine Pop-up-Fenster im MFD. Und die akustische Warnung.
- Und auch auf den kleinen Bildschirmen der GNS430- oder GTN650-Navigatoren erscheint die Verkehrswarnung. Im Anflug aber wird man diese eher nicht beachten. Übrigens: Besser als “Traffic” auf beiden GNS430 anzuzeigen ist es, dafür nur das untere Gerät zu verwenden. Ansonsten muss man nach jedem Verkehrshinweis “Clear” drücken um den Bildschirm zu löschen. (In Menu/Settings einstellen).
Was kann man tun? Ich habe mir überlegt, in Zukunft etwas langsamer anzufliegen, um so die Flaps so spät wie möglich ausfahren zu können. Also auf keinen Fall mehr vor der Platzrunde, und auch nicht am Ende des Gegenanflugs, sondern erst im Queranflug. Denn sind die Klappen drin, bekomme ich auch die akustische “Traffic!”-Warnung. Wie weit das praktikabel ist, muss man ausprobieren denn bei 100 KIAS ohne Klappen fliegt man schon mit deutlich erhöhtem Anstellwinkel und sieht deshalb vor allem nach vorne schlechter raus.
Auch interessant: Während das bei den meisten G1, G2 und G3 noch verbaute TAS nur die Antenne oben hat, verwendet Avidyne’s eigenes TAS 600 zwei Antennen, eine oben, eine unten. Damit “sieht” das System im Zweifelsfall mehr. Der Hintergrund: Zum Zeitpunkt als die meisten Maschinen dieser Typen gebaut wurden, war TAS600 noch ein Produkt der Firma Ryan. Cirrus aber verbaute standardmäßig das “L3 Skywatch”. Später erst erwarb Avidyne Ryan und seither ist TAS600 ein Produkt von Avidyne.
Es ist möglich, das L3 Skywatch gegen das TAS600 zu tauschen. Dieses wird vom Avidyne Entegra-MFD und den Navcom-GPS-Einheiten ebenso angezeigt wie das Skywatch, und auch die Tastenbelegung am MFD bleibt erhalten. Nachteil: Der Flieger muss relativ weit zerlegt werden, zwei neue Antennen und der neue Computer müssen eingebaut werden, was ganz sicher eine teure Angelegenheit ist. Die Hardware selbst ist allerdings nicht teurer als die des L3 Skywatch.
Hat man bereits ein Skywatch, so dürfte sich der Umbau kaum lohnen. Achtet man auf die obigen Punkte, so ist auch das “Skywatch” ein hervorragendes System, auch wenn es wahrscheinlich in einigen wenigen Fällen eher zur Blindheit neigt als das TAS600.
Hier noch eine kleine Präsentation von Avidyne, die die Unterschiede aufzeigt.
Avidyne Comparison TAS Systems
Update, 25.10.14:
Das L3 Skywatch-System älterer Cirrus-Maschinen der Typen G1, G2 und G3 kann auch eine erweiterte Audio-Ausgabe liefern. Ab Software-Version 1.8 kann das System den Verkehrshinweis erweitern und etwa melden: “Traffic, Traffic, Six O’clock, same altitude, less than a mile”. Angeblich wurde das das “ViP”-Upgrade (Verbal Intruder Positioning) bereits in allen Maschinen ab Baudatum September 2006 installiert, ist aber nicht immer auch aktiviert, was mit einem “Jumper”-Setting an der Box geschieht. ViP ist aber auch bei älteren Maschinen mit Skywatch nachrüstbar. Man kann sich auch einen Schalter ins Panel einbauen lassen und zwischen beiden Audio-Betriebsarten wählen. Angeblich kostet das Upgrade in den USA etwa 800 Dollar und die Box muss dazu ausgebaut und eingeschickt werden. Ich werde mal recherchieren wie das genau geht.