Spätherbst 2013, auf einem Flug von Landshut nach Berlin. Beep … Beep …Beep ….und im PFD “AUTOPILOT DISCONNECT” … Beim ersten Mal glaube ich noch, dass ich aus Versehen an Autopilot Disconnect-Schalter gekommen bin. Ich habe das Flugzeug gerade ein paar Monate und bin auf dem Weg nach Schönhagen, wo Cirrus Deutschland die erste 50-Stunden-Kontrolle an der G-YORC durchführen soll.
Zehn Minuten später wieder: Beep …Beep …Beep … Autopilot Disconnect. Dann werden die Abstände kürzer. Ich fliege in FL120, bin IFR unterwegs – aber in VMC – also ist das erst mal nicht weiter tragisch. Das erste woran ich denke ist meine Kreditkarte: “Was wird jetzt das wieder kosten …”.
Die Werft allerdings ist nicht der Meinung, dass an der G-YORC irgendetwas defekt ist. Einer der Mechaniker prüft während der Wartung die Anlaufspannung der Servos und stellt beim Rollservo eine Anlaufspannung von 3, 5 Volt fest. Das, so meint der Mechaniker lapidar, könne aber nicht der Grund für die A/P-Disconnects sein. 3, 5 oder sogar 4 Volt würde man bei den Rollservos “ständig messen”, ohne dass es deshalb Probleme gebe.

Abends im Hotel schreibe ich eine eMail an den technischen Support von Avidyne, in der ich den Fehler – und die Aussage des (Cirrus-) Mechanikers präzise wiedergebe. Immerhin ist Avidyne der Hersteller des DFC90-Autopiloten. Nach weniger als einer Stunde bekomme ich eine Antwort von Avidyne: Es sei nahezu ausgeschlossen, dass der Fehler am Autopiloten liege, und eine Anlaufspannung von 3, 5 Volt sei vollkommen unakzeptabel. Mit Sicherheit sei hier der Grund für den Autopiloten-Fehler zu finden. Der digitale DFC90 sei in diesem Punkt sensibler als der S-TEC55X, den er ersetzt hatte. Über 2, 2 Volt dürfe die Spannung nicht liegen.
Allein – die Werft kann ich mit dieser Information nicht überzeugen. Diese nimmt den A/P aus seinem Schacht, prüft die Kontakte, steckt ihn wieder hinein, und nachdem er einen Test in der Halle ohne Fehler bestanden hat, wird der Autopilot für “fehlerfrei” erklärt. Bei einem IFR-Flugzeug.
Auf dem Heimflug beginnen dieselben Symptome nach der ersten Stunde. Beep … Beep … und gegen Ende des Fluges verweigert “George” seinen Dienst vollständig. Am nächsten Tag fliege ich direkt zu den Spezialisten von Avionik Straubing. Martin Scheifl, der vor ein paar Jahren mit seinem Team einen S-TEC-30Autopiloten in meine Piper Warrior eingebaut hat, lässt sich die Symptome genau beschreiben, und ohne dass ich ihm von meiner Korrespondenz mit Avidyne berichtet hätte, entscheidet er: “Wir müssen die Anlaufspannung des Rollservos prüfen”.

Martin ist sich anschließend sicher: Die zu hohe Anlaufspannung des wahrscheinlich verschlissenen und verschmutzten Rollservos sind für den Fehler verantwortlich. Das passt auch zu den Informationen, die ich bei COPA erhalte habe: Bei vielen SR20 und 22 verabschiedet sich das Rollservo nach 900 bis 1000 Stunden Flugzeit. Total Time der G-YORC zu diesem Zeitpunkt: etwa 920 Stunden.

Wir bestellen ein neues Rollservo (Preis: 1 Aviation Unit = 1000 Dollar) und vereinbaren einen Einbautermin. Das alte Servo einfach zu öffnen, zu reinigen oder eventuell zu reparieren ist leider nicht zulässig (logisch, wer soll denn sonst die Ersatzteile kaufen!). Im Januar 2014 schließlich bauen wir das neue Servo ein.
Zunächst muss ein Flugzeugmechaniker der benachbarten Werft das linke Querruder ausbauen. Dazu muss zunächst der linke Randbogen abgeschraubt und mit Kabelbindern am Flügel so aufgehängt werden, dass die Kabel zu den Strobe/Navigation-Lights keinen Schaden nehmen. Die Kabel allerdings sind unter einer dicken Ummantelung aus Metallgewebe verscteckt, also muss auch diese geöffnet werden, damit man das Kabel entfalten kann. Ncoh zeitraubender allerdings ist, dass zwei Schrauben des Randbogens fest sitzen – und herausgebohrt werden müssen.

Das Servo selbst ist anschließend schnell ausgebaut. Und als wir die blaue Plastikkappe auf der Oberseite des Motors abnehmen, rieselt uns schon der Carbonstaub entgegen. Das neue Servo ist schnell eingebaut, drei Stunden nach dem Ausbau ist die G-YORC wieder abflugbereit.
Die Reparatur ist nun 1 Jahre her, der Autopilot hat sich seitdem nicht einmal abgeschalten – und funktioniert perfekt.
Short Report
Flugzeug: SR22-G2, # 2206
Baujahr: 2006
Betroffenes System: DFC90-Autopilot, Rolltrim Servo
Symptom: wiederkehrende Autopilot Disconnects im Reiseflug
Reparatur: verschlissenes Roll Servo wurde ausgebaut und ersetzt
Reparatur erfolgreich: Ja
Arbeitszeit gesamt: ca. 3 Stunden
Kosten: ca € 1000 inkl. Abbau des Querruders
Welche anderen Defekte hätten für das Symptom verantwortlich sein können: Schlechter Sitz des DFC90-Autopiloten im (vorhandenen) Tray des S-TEC55X, defekter A/P-Computer, Defekt eines anderen Servos*
*Erklärung:
Der DFC90-Autopilot von Avidyne ist eine Retrofit-Lösung für den serienmäßigen S-TEC55X der Cirrus SR20/22, der in den meisten älteren Cirrus (vor Einführung der Garmin-Avionik) Standard war. Dieses “Slide in Replacement” ermöglicht die Verwendung des vorhandenen Trays, und auch an der Verkabelung muss nichts geändert werden. Will man die volle Funktionalität der R2-Version (neuestes Release der DFC90-Software), das einen Betrieb des DFC90 auch mit vollen Klappen ermöglicht und dem A/P ermöglicht die Klappenstellung zu erkennen, so muss das sogenannte “Flap Wire” eingebaut werden. Zusatzkosten etwa 500 Euro.
Während bei allen SR20-Versionen zwei Servos eingebaut sind (Roll und Pitch) werden in der SR22 drei Servos verbaut – Roll, Pitch und Pitch Trim. Für das Verständnis des Autopiloten wichtig ist, dass der DFC90 für die Pitch-Achse das Rolltrim-Servo verwendet, da dadurch eine höhere Präzision in der Höhenhaltung möglich ist. Das (kräftigere) Pitch Servo wird vom Autopiloten nur für längere Steig- und Sinkflüge zu Hilfe genommen. Im Horizontalflug aber verwendet der DFC90 das Pitch-Trim-Servo.